Arbeitszeiten gerecht gestalten – Hände weg vom Acht-Stunden-Tag
Anlässlich der aktuellen Pläne der mutmaßlichen schwarz-roten Bundesregierung, die tägliche Höchstarbeitszeit zugunsten einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit aufzugeben, erklärt die arbeitspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke im Thüringer Landtag, Lena Saniye Güngör: „Die Einführung des Acht-Stunden-Tages war eine der zentralen Errungenschaften der Arbeiterbewegung und wurde unter großen Opfern und langjährigen Kämpfen durchgesetzt. Bereits seit 1919 gilt der Acht-Stunden-Tag nicht nur als Symbol für soziale Errungenschaft, sondern vor allem als ein wesentlicher Baustein für den Gesundheitsschutz und die Lebensqualität von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Ihn jetzt zugunsten einer Wochenarbeitszeitregelung aufzuweichen, wäre ein sozial- und arbeitspolitischer Rückschritt, der Beschäftigte in prekäre Situationen zwingt und ihre Gesundheit gefährdet. Das dürfen wir nicht zulassen.“
Die Abgeordnete verweist dabei auf arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse, nach denen bereits nach acht Stunden die Effektivität sinkt und die Unfallrisiken drastisch steigen: „Wer mehr als acht Stunden am Tag arbeitet, erhöht nachweislich sein Risiko für physische und psychische Erkrankungen. Schon heute summieren sich Überstunden in Deutschland jährlich auf über 1,3 Milliarden Stunden, von denen mehr als die Hälfte nicht einmal bezahlt werden. Das entspricht über 800.000 Vollzeitstellen, die unentgeltlich geleistet werden – oft auf Kosten der Gesundheit, der Familien und der sozialen Teilhabe der Beschäftigten. Die nun diskutierte Regelung würde diese Problematik noch verschärfen.“
Weiter kritisiert Güngör die Perspektive, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in eine Situation drängen würde, in der flexible Arbeitszeiten nicht der Verbesserung ihrer Lebensqualität, sondern vor allem einer verschärften Ausbeutung dienen könnten: „Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer brauchen echte Flexibilität, aber nicht die Flexibilität, die ausschließlich Arbeitgeberinteressen dient. Wir brauchen Arbeitszeiten, die Menschen entlasten und nicht zusätzlich belasten. Eine nachhaltige Lösung wäre eine Vier-Tage-Woche mit einer tatsächlichen Arbeitszeitverkürzung auf 32 Stunden bei vollem Lohnausgleich. Damit könnte die dringend notwendige Vereinbarkeit von Familie, Freizeit und Beruf endlich realisiert werden, anstatt sie weiter zu untergraben.“
Die Fachpolitikerin zeigt sich erschüttert über den Verrat der Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch die SPD, die offenbar bereit ist, über derartige Verschärfungen zu verhandeln. Die Linke-Abgeordnete fordert die Landesregierung auf, auf Bundesebene entschieden Stellung gegen diese Angriffe auf die bewährten arbeitszeitlichen Schutzstandards zu beziehen und sich für eine sozial gerechte und arbeitswissenschaftlich fundierte Regelung einzusetzen: „Thüringen sollte eine Vorreiterrolle einnehmen und deutlich machen, dass Arbeit fair und gesund gestaltet sein muss. Wir brauchen keine Regelungen, die die Beschäftigten länger arbeiten lassen, sondern Konzepte, die Arbeit besser verteilen, für gesundheitlichen Schutz sorgen und gesellschaftliche Teilhabe stärken. Der Acht-Stunden-Tag bildet dafür die notwendige Grundlage und darf nicht in Frage gestellt, sondern muss stattdessen weiterentwickelt sowie an moderne Bedürfnisse angepasst werden. Wir werden uns im Interesse der Beschäftigten entschieden gegen eine Politik stemmen, die auf Kosten der Gesundheit und Lebensqualität geht“, schließt Güngör ab.